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STRG+Z im Internet: Der Widerrufsbutton

Die Europäische Union plant die Einführung eines sogenannten „Widerrufsbuttons“. Woher dieser Vorschlag kommt, wie der Widerrufsbutton technisch umgesetzt werden kann und welche Folgen er für Online-Händler und Verbraucher hat, soll im Folgenden beleuchtet werden.

Bereits jetzt gibt es verschiedene „Button-Lösungen“

Seit vielen Jahren ist der Gesetzgeber immer wieder bemüht, das vielseitige Verhältnis zwischen Unternehmern und Verbrauchern angemessen zu regeln. Schon im Rahmen der Verbraucherrechte-Richtlinie (VRRL) 2011/83/EU aus dem Jahr 2011 wurden zahlreiche neue Rechte und Pflichten für Verbraucher und Unternehmer eingeführt. So wurde im Rahmen der „Buttonlösung“ vorgeschrieben, dass Bestellvorgänge im Internet einheitlich mit einer Schaltfläche „zahlungspflichtig bestellen“ abzuschließen sind. Damit wurde rechtsverbindliches Handeln für Verbraucher schnell erkennbar und der Vertragsschluss im Internet deutlich erleichtert.

Doch während es auf der einen Seite immer leichter wurde, Verträge im Internet zu schließen, war es oft aufwändig, sich wieder von ihnen zu lösen. Daher wurde bereits am 01.07.2022 der sogenannte „Kündigungsbutton“ eingeführt. Nach § 312k Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) müssen Unternehmer, die online entgeltliche Dauerschuldverhältnisse mit Verbrauchern abschließen, auch eine „Verträge hier kündigen“ Schaltfläche bereitstellen. Dadurch soll der Verbraucher online abgeschlossene Dauerschuldverhältnisse (wie z.B. ein Streaming-Abo) online ebenso einfach kündigen können. Da es sich aber nur bei einem kleinen Teil der im Internet geschlossenen Verträge wirklich um Dauerschuldverhältnisse handelt, blieb den meisten Online-Händlern die Einrichtung des Kündigungsbuttons erspart.

Hürden für den Verbraucher

Schon mit der Verbraucherrechte-Richtlinie wurde auch das sogenannte Widerrufsrecht eingeführt. Nach § 355 BGB kann sich der Verbraucher grundsätzlich innerhalb von 14 Tagen von dem online mit einem Unternehmer geschlossenen Vertrag lösen. Doch obwohl Verbraucher in der Regel ein solches Recht haben, ist dessen Ausübung nicht immer unkompliziert. Denn auch wenn der Widerruf formfrei möglich ist, muss er dennoch gegenüber dem Unternehmer erklärt werden. Und diese Erklärung muss nicht auf dem einfachsten Weg erfolgen. Insofern ist es möglich, dass ein Vertrag zwar im Internet mit einem Klick abgeschlossen wird, aber unter Umständen nur über ein Formular schriftlich per Post widerrufen werden kann. Um diesem Ungleichgewicht entgegenzuwirken, soll nun durch eine Änderung der Verbraucherrechte-Richtlinie ein weiterer „Verbraucher-Button“ entstehen. Für Verbraucher soll es genauso leicht sein, einen Vertrag zu widerrufen wie ihn abzuschließen.

Der Widerrufsbutton

Die Europäische Union plant die Einführung eines sogenannten Widerrufsbuttons. Dieser soll den Widerruf eines Fernabsatzvertrags für Verbraucher deutlich erleichtern. Nach der geplanten Regelung sollen Online-Händler künftig im Internet eine Schaltfläche einrichten, über die Verbraucher „mit einem Klick“ den geschlossenen Vertrag widerrufen können. Der ursprüngliche Vorschlag der Europäischen Kommission war dabei nur auf einen Widerrufsbutton für im Fernabsatz geschlossene Verträge über Finanzdienstleistungen beschränkt. Aufgrund ihrer typischen Komplexität sei auch der Widerruf für Verbraucher problematisch. Dieser Ansatz wurde in einem Kompromissvorschlag des Ausschusses der Ständigen Vertreter vom 24.02.2023 erheblich erweitert. Danach soll der Widerrufsbutton für alle Fernabsatzverträge eingeführt werden. Die Anpassungen wurden bereits am 02.03.2023 vom Rat der Europäischen Union angenommen und bedürfen nun noch der Zustimmung des Europäischen Parlaments.

Wird diese erteilt, heißt es bald im zukünftigen Artikel 11a Abs. 1 der Verbraucherrechte-Richtlinie:

„Bei Fernabsatzverträgen, die über eine Online-Benutzeroberfläche geschlossen werden, stellt der Unternehmer sicher, dass der Verbraucher den Vertrag über dieselbe Online-Benutzeroberfläche widerrufen kann, indem er eine Schaltfläche oder eine ähnliche Funktion nutzt.
Die Schaltfläche oder ähnliche Funktion ist lesbar mit den Worten ‚Vertrag widerrufen‘ oder einer entsprechenden eindeutigen Formulierung gekennzeichnet. Die Schaltfläche für den Widerruf oder ähnliche Funktion wird auf der Online-Benutzeroberfläche hervorgehoben platziert und ist für den Verbraucher leicht zugänglich.“

Technische Umsetzung

Zur Einrichtung des Widerrufbuttons muss der Unternehmer auf der Online-Benutzeroberfläche, auf der der Vertrag geschlossen wird, eine Schaltfläche oder eine ähnliche Funktion bereitstellen, die auf die Möglichkeit zum Widerruf hinweist. Nach Erwägungsgrund 25 der Änderungsrichtlinie soll der Verbraucher die Möglichkeit haben, eine Widerrufserklärung abzugeben und die zur Identifizierung des Vertrags erforderliche Angaben zu machen oder diese zu bestätigen. So könnte beispielsweise ein Verbraucher, der sich – z.B. durch Einloggen – bereits identifiziert hat, bestätigen, von welcher Dienstleistung er zurücktreten möchte, ohne dass sein Name und die Bezeichnung des Vertrags angegeben werden müssen.

Der geplante Artikel 11a legt auch den weiteren Ablauf fest, der jenem des Kündigungsbuttons in § 312k BGB entspricht. Die Widerrufserklärung wird übermittelt, indem eine Schaltfläche für die Bestätigung des Widerrufs oder eine ähnliche Funktion genutzt wird. Die Schaltfläche für die Bestätigung oder ähnliche Funktion ist lesbar mit den Worten „Jetzt widerrufen“ oder einer entsprechenden eindeutigen Formulierung gekennzeichnet. Sobald der Verbraucher die Schaltfläche für die Bestätigung des Widerrufs oder ähnliche Funktion nutzt, erhält er automatisch eine Bestätigung des Unternehmers für die Übermittlung der Widerrufserklärung, einschließlich des Datums und der Uhrzeit. Der Unternehmer bestätigt dem Verbraucher unverzüglich den Inhalt der Widerrufserklärung, einschließlich des Datums und der Uhrzeit ihres Eingangs, auf einem dauerhaften Datenträger.

Die Betroffenen

Unternehmer ist nach § 14 BGB eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt. Verbraucher auf der anderen Seite ist jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft (wie zum Beispiel einen Vertrag über einen Warenkauf oder ein Abonnement) zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können (§ 13 BGB). Schließen Verbraucher und Unternehmer außerhalb von Geschäftsräumen oder im Fernabsatz einen Vertrag, so steht dem Verbraucher grundsätzlich ein Widerrufsrecht zu.

Damit wird die Reichweite der geplanten Regelung schnell ersichtlich: während der Kündigungsbutton nur von einem Teil der Online-Händler eingeführt werden musste, handelt es sich beim geplanten Widerrufsbutton um eine für alle Unternehmer im E-Commerce relevante Änderung. Bietet der Unternehmer also die Möglichkeit, Fernabsatzverträge über eine Online-Benutzeroberfläche (wie etwa eine Website oder eine Anwendung) zu schließen, so wird er dafür Sorge tragen müssen, dass der Verbraucher diesen Vertrag über eine Schaltfläche oder eine ähnliche Funktion auf derselben Benutzeroberfläche widerrufen kann. Darüber hinaus muss er Verbraucher gem. Artikel 6 Abs. 1 lit. h) der neuen Verbraucherrechte-Richtlinie über Bestehen und Platzierung des Widerrufsbuttons informieren.

Sobald die Änderungsrichtlinie in Kraft tritt, hat der deutsche Gesetzgeber nach dem geplanten Artikel 2 der Änderungsrichtlinie zwei Jahre Zeit, die Rechts- und Verwaltungsvorschriften zu veröffentlichen, die erforderlich sind, um der Richtlinie nachzukommen. Nach weiteren sechs Monaten müssen diese angewendet werden. Spätestens dann müssen Online-Händler den Vorgaben zum Widerrufsbutton entsprechen.

Herausforderungen in der Praxis

Diese Zeit kann auf jeden Fall sinnvoll genutzt werden. Denn noch stellen sich einige Fragen zur sinnvollen Umsetzung des Widerrufsbuttons. Denn nicht bei jedem Vertragsschluss über das Internet haben Verbraucher ein Widerrufsrecht. Dieses ist z.B. bei Hygieneartikeln oder maßgefertigter Ware ausgeschlossen. Ebenso ist die Einordnung des Kunden als Unternehmer (B2B) oder Verbraucher (B2C) nicht immer eindeutig; die fehlerhafte Anzeige eines Widerrufsbutton kann dabei weitere rechtliche Folgen haben. Neben der erforderlichen rechtlichen Bewertung von persönlichen und sachlichen Voraussetzungen des Widerrufsrechts bestehen auch bei der dynamischen Anzeige des Widerrufsbuttons bei laufender Widerrufsfrist noch technische Hürden. Denn die Widerrufsfrist beginnt nach § 356 Abs. 2 BGB grundsätzlich erst mit dem Erhalt der Ware zu laufen. Um diesen Zeitpunkt automatisch und dynamisch zu bestimmen, müssen einige Informationen erfasst und verknüpft werden, was weitreichende datenschutzrechtliche Folgen hat und in den Rechtstexten der Online-Händler berücksichtigt werden muss.

Über den Autor

Liam Ehm ist Rechtsreferendar und sorgt zusammen mit unseren Anwälten dafür, dass Ihre Texte rechtssicher und immer up to date sind. www.kanzlei-meibers.de