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Kraftwerk: BGH legt dem EuGH Fragen zur Auslegung des Begriffs „Pastiche“ vor

„Metall auf Metall“: Dieses Musikstück der Musikgruppe „Kraftwerk“ beschäftigt seit einigen Jahren die Gerichte. Zum insgesamt elften Mal muss sich nun ein Gericht mit einem Rechtsstreit zwischen Kraftwerk und dem Produzenten Moses Pelham der Künstlerin Sabrina Setlur auseinandersetzen. Der Produzent verwendete durch sogenanntes „Sampling“ zwei Sekunden des Musikstückes „Metall auf Metall“ für den Song „Nur mir“ – ohne vorab bei Kraftwerk um Erlaubnis gefragt zu haben.

Der Bundesgerichtshof (BGH) setzt das aktuelle urheberrechtliche Gerichtsverfahren aus und legt dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) den Fall zur Auslegung des Begriffs „Pastiche“ vor.

Langer Prozessverlauf im Kraftwerk-Rechtsstreit

Mit der Frage, ob und inwieweit „Sampling“ erlaubt sein soll, beschäftigt sich der BGH nicht zum ersten Mal: Die Streitigkeit zwischen dem Produzenten und den Tonträgerherstellern war bereits vor dem Landgericht Hamburg, vor dem Bundesverfassungsgericht, drei Mal vor dem Oberlandesgericht Hamburg, vier Mal vor dem BGH und liegt nun das zweite Mal beim EuGH. Immer wieder geht es um das sogenannte Sampling, also um die Frage, ob Musikfetzen für andere, neue Stücke verwendet werden dürfen.

Ist Sampling erlaubt?

Ob Sampling urheberrechtlich erlaubt ist, ist noch nicht abschließend geklärt. Grundsätzlich genießen auch Teile von Musikstücken urheberrechtlichen Schutz, wenn sie bereits Werkqualität besitzen. Nicht erlaubt ist nach den Grundsätzen des Urheberrechts eine Vervielfältigung und Verbreitung von urheberrechtlich geschütztem Material, sofern keine Ausnahme greift.

Im Laufe der Kraftwerk-Verfahren hat sich die Gesetzeslage stets geändert: Ursprünglich war Sampling durch den Ausnahmetatbestand von § 24 Urhebergesetz (UrhG) (alte Fassung) als „freie Benutzung“ erlaubt. Nach Einführung der europäischen Richtlinie InfoSoc-RL und mangels Umsetzung dieser Richtlinie mussten die deutschen Gesetze EU-rechtskonform ausgelegt werden. Nach Vorlage des BGHs an den EuGH entschied letzterer, dass Sampling dann zulässig sei, wenn das ursprüngliche Stück nicht mehr zu erkennen sei. Der BGH war der Ansicht , dass in dem Falle „Nur mir“ die Musikteile von Kraftwerk wiederzuerkennen waren. Das OLG urteilte ebenso zum Nachteil der Beklagten.

Pastiche – neue Schranke für Sampling?

Die neue Regelung im deutschen Urheberrecht des § 51a UrhG legt für den Pastiche eine neue Ausnahmeregelung für die Verbreitung, Vervielfältigung und öffentliche Wiedergabe fest. Pastiches sind grundsätzlich die Auseinandersetzung eines Werkes und die Schaffung eines neuen Werkes, wobei das Original-Werk offen imitiert wird.

Der BGH setzt mit der neuen Gesetzesregelung nun sein aktuelles Kraftwerk-Verfahren aus und legt dem EuGH die Frage über die Reichweite der Schranke vor. Dabei spielen sinngemäß zwei Fragen eine Rolle: 1.: Ist die Schrankenregelung zum Pastiche ein Auffangtatbestand für jede künstlerische Auseinandersetzung? Ist bei einer künstlerischen Auseinandersetzung erforderlich, dass z. B. Elemente des Humors erkennbar sind? Und 2.: Muss die künstlerische Auseinandersetzung bzw. die Schaffung des neuen Werkes „zum Zwecke“ des Pastiches erfolgt sein?

Es bleibt insoweit abzuwarten, wie der EuGH den Begriff des Pastiche auslegen wird.

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Über die Autorin

Karoline Ligocki ist Rechtsanwältin und externe Datenschutzbeauftragte. Sie berät und vertritt bundesweit Unternehmen im gewerblichen Rechtsschutz, Urheber- & Medienrecht, Datenschutzrecht und IT-Recht. www.kanzlei-meibers.de