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Gericht erklärt FOCUS "Ärzte-Siegel" für wettbewerbswidrig

Das Landgericht München I hat entschieden: Das FOCUS "Ärzte-Siegel" verstößt gegen das lauterkeitsrechtliche Irreführungsverbot. Hier erfahren Sie die Details zur Entscheidung des Gerichts:

Hintergrund der Entscheidung

Viele Ärzte nutzen zur Optimierung ihrer Reichweite und zur Unterstreichung ihrer Fachkunde sogenannte "Ärzte-Siegel".

Diese Siegel werden den Ärzten vom Burda-Verlag angeboten. Jährlich erscheint bei diesem das Magazin "FOCUS Gesundheit" mit einer enthaltenden Ärzteliste basierend auf eigenen Recherchen. Gut bewerteten Ärzten bietet der Burda-Verlag den käuflichen Erwerb eines Siegels an - gegen Zahlung einer Lizenzgebühr in Höhe von 2000 €. Unter anderem sind dies die Siegel "Top Mediziner 2023" oder "Focus Empfehlung 2023 - die empfohlenen Ärzte in der Region". Diese Siegel können dann von den Ärzten im Rahmen eigener Werbezwecke genutzt werden.

Gericht entscheidet zugunsten des Verbraucherschutzverbandes

Die "Verleihung" und Verwendung solcher FOCUS "Ärzte-Siegel" hat nun ein Ende.

Die 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts München I hat sich im Februar 2023 (Az. 4 HKO 14545/21) mit den FOCUS "Ärzte-Siegeln" befasst und einer Klage des Verbraucherschutzverbandes auf Unterlassung gegen den Burda-Verlag betreffend der Verleihung und Publizierung dieser Siegel stattgegeben.

Der Burda-Verlag verstößt gegen das Irreführungsverbot

Die FOCUS "Ärzte-Siegel" verstoßen gegen das lauterkeitsrechtliche Irreführungsverbot und sind damit wettbewerbswidrig.

Zur Begründung führt das Gericht aus, dass durch die Siegel bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck erweckt werde, dass die Verleihung der "Ärzte-Siegel" aufgrund einer neutralen und sachgerechten Prüfung erfolge. Es würde insofern von den Verbrauchern angenommen, dass ein Arzt mit einem solchen Siegel eine Spitzenstellung unter den Ärzten gleicher Fachdisziplinen einnimmt. Die Siegel hätten zudem die Aufmachung eines Prüfzeichens - ähnlich dem von Stiftung Warentest - was den Eindruck einer objektiven Prüfung noch unterstreichen würde. Der Verbraucher erwarte, dass "ein mit einem Prüfzeichen versehenes Produkt oder eine Dienstleistung von einer neutralen und fachkundigen Stelle auf die Erfüllung von Mindestanforderungen anhand objektiver Kriterien geprüft wurde und bestimmte, von ihm für die Güte und Brauchbarkeit der Ware als wesentlich angesehener Eigenschaften aufweise."

Diese objektive und neutrale Prüfung vermisst das Gericht bei den "Ärzte-Siegeln" jedoch gänzlich. Insbesondere würden in die Recherchen hinsichtlich der Erstellung der Ärztelisten Kollegenempfehlungen und Patientenzufriedenheit einfließen, mithin lediglich subjektive Kriterien.

Verleihung des "Ärzte-Siegels" fällt nicht unter die Pressefreiheit

Laut Gericht könne sich der Burda-Verlag zudem nicht auf die Pressefreiheit berufen.

Zum einen, sei die Lizenzierung der "Ärzte-Siegel" kein unselbstständiger, nachgelagerter Akt der Ärzteliste.

Zum anderen, sei auch der Verkauf nicht zur Finanzierung des journalistischen Angebots nötig. Zwar erstrecke sich die Pressefreiheit grundsätzlich auch auf die Refinanzierung redaktioneller Inhalte. Medien seien regelmäßig darauf angewiesen, sich durch Anzeigen zu finanzieren, nicht jedoch durch die Vergabe von Prüfsiegeln gegen ein nicht unerhebliches Entgelt. Hierbei handle es sich vielmehr um eine "unübliche, nicht zwingend erforderliche Art der Finanzierung redaktioneller Beiträge", was sich schon daraus ergebe, dass es die Ärztelisten auch schon vor Einführung der kostenpflichtigen Siegel gegeben habe und zuvor anders finanziert wurden.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig

Der Burda-Verlag kann gegen die Entscheidung noch Berufung beim Oberlandesgericht München einlegen.

Über die Autorin

Anne-Sophie Grothe ist Rechtsreferendarin und unterstützt unsere Anwälte dabei, dass Ihre Rechtstexte immer up to date sind. www.kanzlei-meibers.de