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BGH legt Fragen zum Unterlassungsanspruch und immateriellen Schadensersatzanspruch nach DS-GVO vor

In einem Streit rund um einen Datenrechtsverstoß hat der BGH das Verfahren am 26.09.2023 ausgesetzt und dem EuGH wesentliche Fragen zum Unterlassungsanspruch und zum immateriellen Schadensersatzanspruch nach DS-GVO vorgelegt.

Was war geschehen?

Der Kläger hatte sich über eine Online-Plattform bei der Beklagten, einer Privatbank, beworben. Im Rahmen des Bewerbungsprozesses verschickte eine Mitarbeiterin der Bank versehentlich eine Nachricht, die eigentlich an den Kläger adressiert war, an einen Dritten. Diese Nachricht enthielt sensible personenbezogene Daten des Klägers, insbesondere über dessen – aus Sicht der Bank zu hohen - Gehaltsvorstellungen. Wie es der Zufall wollte, war die dritte Person mit dem Kläger aus gemeinsamer Berufsvergangenheit in derselben Holding bekannt und setzte diesen unmittelbar über den Fehlversand in Kenntnis.

Nachdem der Bewerbungsprozess für den Kläger erfolglos verlaufen war, erhob dieser Klage vor dem Landgericht Darmstadt. Dabei machte er neben einem Unterlassungsanspruch insbesondere einen immateriellen Schaden geltend, den er davongetragen habe. Dieser lag nach Ansicht des Klägers nicht in dessen Kontrollverlust über die unrechtmäßig weitergegebenen Daten. Vielmehr sei für ihn schädlich, dass nun (zumindest) auch sein ehemaliger Kollege Kenntnis sensibler Daten habe und diese als Konkurrent im Bewerbungsprozess zu seinem Vorteil hätte nutzen können. Darüber hinaus sei es für ihn eine „Schmach“ gewesen, in den Gehaltsverhandlungen zu unterliegen. Von dieser Schmach hätte er auf keinen Fall einen Dritten in Kenntnis gesetzt.

Das Landgericht Darmstadt (Urteil vom 26.05.2020, Az.: 13 O 244/19) hatte der Klage zunächst teilweise stattgegeben und die Bank zur Unterlassung verurteilt. Hinsichtlich des Schadensersatzanspruchs sprach es dem Kläger allerdings nur 1.000 € statt der von diesem geforderten mindestens 2.500 € zu.

Nachdem die Beklagte Berufung eingelegt hatte, änderte das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (Urteil vom 02.03.2022, Az.: 13 U 206/20) das erstinstanzliche Urteil dergestalt ab, dass es dem Kläger das Bestehen eines Anspruchs auf immateriellen Schadensersatz versagte. Dagegen wendet sich nun dessen Revision vor dem BGH.

Welche Fragen hat der BGH dem EuGH vorgelegt?

Mit Beschluss vom 26. September 2023 (Az.: VI ZR 97/22) hat der BGH das Verfahren nun ausgesetzt und dem EuGH sinngemäß folgende Fragen vorgelegt:

Kann Art. 17 DS-GVO derart ausgelegt werden, dass dem Betroffenen gegen den für eine unrechtmäßige Weiterleitung personenbezogener Daten Verantwortlichen ein Anspruch auf Unterlassung einer weiteren unrechtmäßigen Weiterleitung zusteht, wenn vom Verantwortlichen keine Löschung verlangt wurde? Kann sich ggfs. daneben ein solcher Anspruch aus Art. 18 DSGVO oder anderen Vorschriften der DSGVO ergeben?

Setzt ein solcher Anspruch voraus, dass eine Wiederholungsgefahr hinsichtlich zukünftiger weiterer Verletzungen besteht? Wird eine solche Wiederholungsgefahr aufgrund des erfolgten Verstoßes gegen die DS-GVO vermutet?

Erlauben die Art. 84 i.V.m. Art. 79 DS-GVO dem nationalen Richter, dem Betroffenen im vorgenannten Fall neben den Ansprüchen nach DS-GVO auch einen Unterlassungsanspruch nach nationalem Recht zuzusprechen?

Ist es für die Annahme eines immateriellen Schadens ausreichend, dass der Betroffene bloße negative Gefühle wie z.B. Ärger, Unmut, Unzufriedenheit, Sorge oder Angst empfindet oder ist dafür ein darüber hinausgehender Nachteil erforderlich?

Muss hinsichtlich der Schadenshöhe der Grad des Verschuldens des Verantwortlichen berücksichtigt werden?

Sofern dem Betroffenen ein Unterlassungsanspruch im vorgenannten Sinne zugestanden wird: Muss dieser hinsichtlich des immateriellen Schadensersatzanspruchs anspruchsmindernd beachtet werden?

Aussicht

Die Antwort des EuGH wird Einfluss auf etliche Verfahren nehmen, in denen es insbesondere um die Höhe des Schadensersatzanspruchs, der von Datenlecks Betroffenen geht. Es wird deshalb mit Spannung erwartet, zu welchem Ergebnis dieser am Ende kommt.

Über den Autor

Daniel Geisler ist Rechtsanwalt und externer Datenschutzbeauftragter. Er berät und vertritt bundesweit Unternehmen im gewerblichen Rechtsschutz, Urheber- & Medienrecht, Datenschutzrecht und IT-Recht. www.kanzlei-meibers.de