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BGH entscheidet abschließend zur Preisangabe von Pfandbeträgen

Nach langem Hin und Her und zwischenzeitlicher Einschaltung des EuGH hat sich der BGH klar zu der Frage positioniert, wie Pfandbeträge bei der Preisgestaltung auszuweisen sind. Damit haben Händler in Zukunft Gewissheit, was sie im Rahmen ihrer Werbung zu beachten haben.

Zugrundeliegende Problematik – klare deutsche Regelung, aber europarechtswidrig?

Dem Fall liegt ein wettbewerbsrechtlicher Streit zwischen einem Wettbewerbsverein und einem Händler zugrunde. Letzterer hatte in seinem Verkaufsprospekt unter anderem für Getränke und Joghurt in Pfandbehältern geworben. Dabei wurden die Pfandbeträge jeweils nicht in die dargestellten Gesamtpreise einberechnet, sondern neben diesen separat ausgewiesen („zzgl. X € Pfand“).

Der Verein sah darin einen Verstoß gegen die Preisangabenverordnung (PAngV), konkret gegen die Vorschrift zur Angabe von Gesamtpreisen des § 1 Abs. 1 S. 1 PAngV (alte Fassung – im Folgenden „aF“) und mahnte den Händler deshalb ab.

Dieser verweigerte die Abgabe der geforderten Unterlassungserklärung und stützte sich dabei auf den klaren Wortlaut des § 1 Abs. 4 PAngV aF– darin hieß es:

Wird außer dem Entgelt für eine Ware oder Leistung eine rückerstattbare Sicherheit gefordert, so ist deren Höhe neben dem Preis für die Ware oder Leistung anzugeben und kein Gesamtbetrag zu bilden.“

Der Verein hielt diese Vorschrift allerdings für nicht mehr anwendbar, da sie gegen vorrangiges Europarecht verstoße. Er erhob deshalb Klage vor dem Landgericht Kiel.

Verfahrensgang – Langes Hin und Her mit europäischer Beteiligung

Das Landgericht gab der Klage mit Urteil vom 26.06.2019 (Az.15 HKO 38/18) in erster Instanz vollumfänglich statt. Es begründete dies damit, dass auch der zu zahlende Pfandbetrag notwendiger Teil der Gegenleistung für den Erwerb der Waren sei und nur dann zurückerstattet werde, wenn auch die Verpackung zurückgegeben werde. Dieser erst später stattfindende Rücktauschvorgang sei dabei aber unabhängig vom ursprünglichen Erwerbsvorgang, der eben den Erwerb des Getränks/Joghurts samt Verpackung umfasse. Auf die Vorschrift des § 1 Abs. 4 PAngV aF (heute § 7 PAngV – neue Fassung, im Folgenden „nF“) könne sich der Händler nicht berufen, da diese mangels unionsrechtlicher Grundlage nicht mehr anwendbar sei.

Dies sah das OLG Schleswig in der nächsten Instanz (Urteil vom 30.07.2020 - Az. 6 U 49/19) anders. Es entschied, dass der § 1 Abs. 4 PAngV aF zwar richtlinienwidrig, aber dennoch für den Einzelnen geltendes Recht sei. Unanwendbar sei sie nur für Träger öffentlicher Gewalt. Der Händler habe sich an dessen Vorgaben gehalten – ein solches rechtlich gebotenes Verhalten könne niemals Grundlage einer Verurteilung sein. Dies sei mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht zu vereinbaren. Das Oberlandesgericht wies die Klage entsprechend ab.

Im Rahmen der aufgrund der schwierigen Rechtsfrage zugelassenen Revision setzte der BGH das Verfahren sodann aus (Beschluss vom 29.07.2021 - Az. I ZR 135/20), um dem EuGH Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen. Im Wesentlichen wollte der BGH dabei wissen, ob der Begriff des Verkaufspreises im Sinne von Art. 2 Buchst. a) der Richtlinie (EG) Nr. 6/1998 – der dem „Gesamtpreis“ des § 1 Abs. 1 PAngV aF zugrunde lag – dahin auszulegen sei, dass er den Pfandbetrag enthalten muss.

Darauf gab der EuGH eine klare Antwort: Nein! Der Pfandbetrag, den der Verbraucher beim Kauf einer Ware in einem Pfandbehälter zu entrichten habe, sein kein Bestandteil des Verkaufspreises.

Der Verkaufspreis habe zwar alle unausweichlichen und vorhersehbaren Bestandteile zu enthalten, die als monetäre Gegenleistung für den Erwerb des jeweiligen Produkts anzusehen seien. Dazu zähle der Pfandbetrag aber nicht, da dieser bei Rückgabe des Pfandbehälters zu erstatten sei. Ziel der Richtlinie (EG) Nr. 6/1998 sei es unter anderem, die Vergleichsmöglichkeiten von Produkten für die Verbraucher zu verbessern. Diese würden jedoch erschwert, wenn der Gesamtpreis auch den Pfandbetrag enthalte. Denn manche Produkte einer Vergleichsgruppe könnten einer Pfandpflicht unterliegen, während andere pfandfrei oder mit variierendem Pfandsatz angeboten werden könnten.

Entscheidung des BGH

Wie erwartet wies der BGH mit Urteil vom 26.10.2023 (Az. I ZR 135/20) der Antwort des EuGH folgend die Revision des Vereins zurück. Der Begriff des Gesamtpreises umfasse nicht den Pfandbetrag, der beim Kauf von Waren in Pfandbehältern zu entrichten sei. Der Pfandbetrag sei vielmehr, wie von § 1 Abs. 4 PAngV aF bzw.§ 7 Satz 1 PAngV nF vorgesehen, separat neben dem Gesamtpreis auszuweisen.

Fazit: Was Händler nun zu beachten haben

Das Dilemma, sich selbst bei Einhaltung der Vorgaben des § 1 Abs. 4 PAngV aF bzw. § 7 PAngV nF rechtswidrig zu verhalten, hat sich für Händler nun glücklicherweise erledigt. Sie können dieser Vorschrift nun also sorgenlos Folge leisten. Entsprechend muss der Pfandbetrag separat neben dem Gesamtpreis angegeben werden, ohne in diesen einbezogen worden zu sein. Dies gilt nicht nur, wie im vorliegenden Verfahren, bei stationärer, sondern auch im Rahmen der Online-Werbung.

Über den Autor

Daniel Geisler ist Rechtsanwalt und externer Datenschutzbeauftragter. Er berät und vertritt bundesweit Unternehmen im gewerblichen Rechtsschutz, Urheber- & Medienrecht, Datenschutzrecht und IT-Recht. www.kanzlei-meibers.de